Schatten der Vergangenheit

Erkennen und Vergeben

Tue das, was du liebst und vergib den Schatten deiner Vergangenheit. Kannst du dich erinnern, was du sehr gern in deiner Kindheit getan hast? Machst du das heute noch? Wenn nein, warum nicht? Oft sind es kleinere oder größere Erlebnisse in der Vergangenheit, die dich womöglich von dieser Tätigkeit abgehalten haben. Verbindest du eine schlechte Erinnerung an dein Tun? In meiner Geschichte geht es heute auch um solche negativen Erfahrungen in der Kindheit.

Erkenne, was damals war und vergib den Beteiligten. Dann kann der Heilungsprozess beginnen und dein neues Leben starten. Lasse deine Rolle als Opfer der Umstände hinter dir. Du kannst jederzeit entscheiden, die Vergangenheit zu erkennen und zu akzeptieren, dann in Liebe draufzuschauen, sie loszulassen und ihr schließlich zu vergeben.

Das Märchen von Liebe und Vertrauen

Es war einmal ein kleines Mädchen, das liebte Geschichten sehr. Täglich hörte sie Schallplatten mit Märchen, las Bücher und schaute Filme im Fernsehen oder im Kino. Geschichten waren ihr Ein und Alles. Aber noch mehr als Geschichten liebte dieses Mädchen seine Mutter. Was das Mädchen allerdings nicht wusste, die Mutter war sehr traurig und unglücklich und wuchs ungeliebt auf. Sie wusste nicht, wie sie Liebe geben und erhalten kann. Sie wusste nicht, dass Liebe in einem selbst erwachsen kann. Ohne Bedingungen. Daher war die Mutter verzweifelt und leider erfolglos ihr ganzes Leben lang auf der Suche nach der Liebe. Ihrer kleinen Tochter gab sie ständig Anweisungen, wie sie sich ihr gegenüber zu verhalten habe, dass sie geliebt werden darf. „Tue genau das, was ich für richtig halte.“ „Ziehe die Kleidung an, die ich für dich gekauft habe und die ich schön finde.“ „Mache das so wie ich, dann liebe ich dich.“ Das Mädchen wollte natürlich geliebt werden und tat immer alles, was die Mutter sagte. Die Strategie der Mutter, das Mädchen an sich zu binden, war erfolgreich. „Endlich habe ich die Liebe gefunden“, dachte die Mutter. Manchmal getraute die Tochter sich, Widerspruch zu geben oder Dinge doch anders machen zu wollen. Aber stets erntete sie furchtbare Folgen. Die Mutter sprach dann oft mehrere Tage nicht mehr mit ihr, entzog ihr die Aufmerksamkeit, also auch die Liebe. Schrecklich war das für das kleine Mädchen. Daher verhielt sie sich lieber so, wie die Mutter das wollte.

Flucht in Geschichten

Das kleine Mädchen flüchtete sich immer mehr in ihre Geschichten. Bald schrieb sie auch selbst welche. In der Schule, im Fach Deutsch, war sie immer sehr gut und erfand liebend gern neue wundervolle Geschichten. Stolz gab sie ihrer Mutter diese zu lesen. Ein Lob, Anerkennung von ihr wäre wieder der Beweis für eine liebende Zuneigung gewesen. Die Mutter las die Geschichten und gab ihrer Tochter immer „ehrliche Kritik“. „Das Leben ist hart. Die Menschen sind nicht gut zu dir. Ich beschütze dich und bereite dich auf das Leben da draußen vor.“, sagte die Mutter, wenn sie ihrer Tochter mal wieder eine Geschichte zurückgab und sie eben nicht für ihre Kreativität lobte. Nein, der Mutter gefielen die Geschichten nicht oder wenn sie ihr gefielen, wollte sie es nicht zugeben, um das arme Kind nicht zu verwöhnen. „Du musst dich mit der Realität vertraut machen. Das Leben ist kein Zuckerschlecken. Du wirst nicht bei allen beliebt sein. Deine Geschichten wird nicht jeder mögen. Dich wird nicht jeder lieben. Bereite dich schon mal drauf vor, dass du in deinem Leben Enttäuschungen erleben wirst.“

Rückzug ins Geheime

Das kleine Mädchen schrieb irgendwann keine Geschichten mehr. Ihrer Mutter gab sie nichts mehr zu lesen. Nur noch ihrem geheimen Tagebuch, in ihrer geheimen Schublade, vertraute sie ihre Sehnsüchte, Wünsche, Probleme mit der Mutter und ihre Traurigkeit an. Das bemerkte die Mutter natürlich. Sie fühlte sich nicht mehr wertgeschätzt, weil ihre Tochter ihr nichts mehr von sich preisgab. „Du kannst mir vertrauen. Lass ruhig dein Tagebuch offen liegen. Wenn du das tust, zeigst du mir auch dein Vertrauen und deine Liebe. Dann kann ich dich lieben. Damit beweist du mir, dass du mich liebst. Eben weil du mir auch vertraust.“, eröffnete die Mutter eines Tages ihrer Tochter. Klar, das Mädchen wollte von ihrer Mutter geliebt werden. Also tat sie das, was die Mutter wollte und ließ ihr Tagebuch auf ihrem Schreibtisch liegen. Logisch schnappte die Mutter, als die Tochter nicht da war, sich das geheime Tagebuch und las darin. Sie las, dass die Tochter mit einigen Eigenschaften ihrer Mutter unglücklich war.

Versuch, die Liebe zu erzwingen

Die Mutter inszenierte daraufhin einen „geplanten“ Selbstmord. Sie bereitete einen Brief vor, den die Tochter finden sollte. In diesem „Abschiedsbrief“ begründete die Mutter ihren Selbstmord mit der mangelnden Wertschätzung und Liebe der Tochter. Ein verzweifelter Versuch der Mutter, die Liebe der Tochter zu erzwingen. Liebe kann aber doch nicht erzwungen werden. Liebe ist bedingungslos. Umso krampfhafter man geliebt will, desto weniger klappt es. Ein Selbstmord war zum Glück nie geplant. Nur die Geste sollte erschüttern. Das Mädchen erlitt einen Nervenzusammenbruch und schrieb nie wieder. Keine Geschichte, kein Tagebuch. Selbst schriftliche Hausarbeiten für die Schule oder die Uni fielen ihr sehr schwer. Jahre später als erwachsene Frau erinnerte sich das Mädchen von damals an ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben. Sie lernte, was viele Jahre dauerte, ihrer Mutter zu vergeben. Sie stieg aus der Opferrolle aus und entschied, mit den Erlebnissen abzuschließen. Ihre Mutter hatte so viel Schlimmes erlebt und wusste nicht das Geringste über Liebe und Vertrauen. Das wusste die Frau, die einst das kleine Mädchen war, jetzt und war in der Lage, wieder befreit zu schreiben und sich ihrer Liebe zu Geschichten wieder hinzugeben.

 

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